Sexualdelikte

§§ 174 ff. StGB

Der dreizehnte Abschnitt des Strafgesetzbuchs befasst sich mit Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Die durch ihre Vielzahl sehr unübersichtlichen Vorschriften lassen sich grob in drei Bereiche zusammenfassen:

  1. Sexueller Missbrauch, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung
  2. Verbreitung sowie ggf. Erwerb und Besitz pornographischer Schriften
  3. Exhibitionistische Handlungen, Erregung öffentlichen Ärgernisses.

Je nach Delikt variiert das zu erwartende Strafmaß stark; es reicht von kurzen Freiheits- oder Geldstrafen bis hin zur lebenslangen Freiheitsstrafe. 

 

Reform des Sexualstrafrechts 2016

Das Sexualstrafrecht wurde zuletzt durch das 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung vom 04.11.2016 reformiert, das am 10.11.2016 in Kraft getreten ist.

 

Viel mediales Interesse hat besonders die Neufassung des § 177 StGB (sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) erfahren, in dem nun sexuelle Handlungen gegen den „erkennbaren Willen“ der anderen Person unter Strafe gestellt sind, während in der vorherigen Fassung noch die Anwendung von Gewalt, Drohung oder das Ausnutzen einer schutzlosen Lage verlangt wurde. Darüber hinaus macht sich nun auch strafbar, wer ausnutzt, dass die andere Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu äußern oder zu bilden, oder zur Vornahme der sexuellen Handlungen einen Überraschungsmoment ausnutzt.

 

Neu eingeführt wurde auch § 184i StGB, der für die Belästigung anderer Personen durch sexuell motivierte Berührungen eine Strafe von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe – bei gemeinschaftlicher Begehung sogar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren – vorsieht. Noch weiter geht der ebenfalls neue §181j StGB, der bereits die „Beteiligung“ an einer Gruppe bestraft, die eine andere Person zur Begehung einer Straftat an ihr bedrängt, ohne, dass der Beschuldigte selbst eine Straftat begangen haben muss.

 

Die Reform des Sexualstrafrechts stand bereits lange im Gespräch und wurde durch die Vorfälle der Silvesternacht 2015 inspiriert und beschleunigt. In mehreren deutschen Großstädten kam es in der Nacht auf Neujahr zu einer Vielzahl von Übergriffen auf Frauen, die weitgehend aus Gruppen heraus stattfanden. Die Ausweitung vorhandener und Schaffung neuer Tatbestände soll dem Opferschutz dienen, ist aber kritisch, da für den Einzelnen in der konkreten Situation kaum noch durchschaubar bleibt, wann er sich strafbar macht. Bedenklich ist besonders die ausschließliche Fixierung auf den Willen der anderen Person. Wann ein entgegenstehender Wille des Sexualpartners erkennbar war oder nicht, wird häufig Interpretationssache bleiben. Auch, was genau eine „Beteiligung an einer Gruppe“ im Sinne des § 181j StGB umfasst, wird noch durch die Rechtsprechung zu klären sein

 

Gesellschaftliche Folgen eines Strafverfahrens

Strafverfahren wegen Sexualstraftaten bedeuten für den Beschuldigten eine immense Belastung und können im schlimmsten Fall existenzvernichtende Wirkung haben. Es droht der Verlust der gesellschaftlichen Reputation und der sozialen Kontakte. Nicht nur eine Verurteilung, sondern bereits der Verdacht, ein Sexualstraftäter zu sein, gefährdet den Arbeitsplatz, die Beziehung zum Lebenspartner, die Stabilität der eigenen Familie.

 

Strafverfahren erwecken häufig großes mediales Interesse; die Berichterstattungen neigen dazu, zu stigmatisieren und vorzuverurteilen, bevor der Tatvorwurf bewiesen ist. Dabei steht gerade in Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs, sexueller Nötigung oder Vergewaltigung häufig Aussage gegen Aussage, und die Zeugenaussage des mutmaßlichen Opfers ist nicht selten das einzige Beweismittel, das dem Gericht bleibt.

 

Im deutschen Strafrecht gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten. Es ist die Aufgabe der Strafverfolgungsbehörde, die Schuld des Beschuldigten zu beweisen, nicht andersherum. Falls Sie der Vorwurf trifft, ein Sexualstraftäter zu sein, benötigen Sie einen erfahrenen Strafverteidiger an Ihrer Seite, der die Wahrung Ihrer Rechte während des gesamten Strafverfahrens sichert.

 

Vom Schweigerecht Gebrauch machen

Mit dem Vorwurf konfrontiert, eine Sexualstraftat begangen zu haben, ist das Bedürfnis, sich gegen die Beschuldigungen sofort und umfassend zu wehren, naturgemäß besonders groß. Im Strafverfahren schadet eine vorschnelle, unbedachte Aussage jedoch grundsätzlich mehr, als sie nutzt. Egal, ob Sie sich durch die Vorwürfe in Ihrer Ehre gekränkt fühlen oder das Gefühl haben, nichts verbergen zu müssen – sagen Sie zunächst nichts. Als Beschuldigter steht Ihnen das Recht zu schweigen zu; Ihr Schweigen darf im späteren Verfahrensverlauf auch nicht negativ bewertet werden.

 

Beauftragen Sie stattdessen einen Strafverteidiger, der die Möglichkeit hat, Einsicht in Ihre Ermittlungsakten zu nehmen. Oft stehen erst nach Aktendurchsicht ausreichend Informationen darüber zur Verfügung, welcher konkrete Sachverhalt dem Tatvorwurf zugrunde liegt. Erst dann macht eine Stellungnahme Sinn, die Ihr Anwalt gemeinsam mit Ihnen entwirft.

 

Konsequenzen einer Verurteilung

Eine Verurteilung wegen einer Sexualstraftat kann für Ihr Privat- und Berufsleben desaströse Folgen haben; auch die juristischen Konsequenzen sind jedoch weitreichend. Das Strafmaß liegt bei vielen Delikten sehr hoch und reicht bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe. Bei der wiederholten Begehung von schweren Straftaten droht bei einer Verurteilung die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB.

 

Auch bei weniger gravierenden Fällen kann das Gericht ein Berufsverbot anordnen, § 70 StGB. Ein solches ergeht normalerweise für ein bis fünf Jahre, kann jedoch im Einzelfall auch für immer verhängt werden. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verbleiben ferner länger im Bundeszentralregister, nämlich bis zu zwanzig Jahre in den Fällen der §§ 174-180 StGB und des § 182 StGB

 

Strafverteidigung Mannheim

Wenden Sie sich beim Vorwurf einer Sexualstraftat möglichst frühzeitig im Verfahren an einen Anwalt mit der Erfahrung und den Kenntnissen, die notwendig sind, um Sie in dieser schwierigen Situation zu beraten und die schwerwiegenden Konsequenzen weitestmöglich zu vermeiden. Sowohl Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker als auch Rechtsanwalt Patrick Welke haben sich ganz auf das Strafrecht spezialisiert. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker ist seit 2007 Fachanwalt für Strafrecht und hat bereits mehr als 1000 Mandate selbstständig bearbeitet. Seit dem Jahre 2017 ist auch Rechtsanwalt Patrick Welke Fachanwalt für Strafrecht. Sie erreichen unsere Kanzlei in Mannheim unter der Telefonnummer 

 

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