Die Strafbarkeit der Untreue ist in § 266 StGB normiert.
"§ 266 StGB (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." |
Für den juristischen Laien ist der Tatbestand der Untreue möglicherweise auf den ersten Blick schwer verständlich. Darüber hinaus ist der Tatbestand sehr weit gefasst und abstrakt formuliert, sodass wegen Untreue vergleichsweise häufig ermittelt wird.
Im Kern begeht eine Untreue, wer das Vermögen eines anderen schädigt, obwohl ihm die Pflicht obliegt, dieses Vermögen zu betreuen. Die Verletzung dieser Vermögensbetreuungspflicht ist Voraussetzung für beide Varianten der Untreue: sowohl für den sogenannten Missbrauchstatbestand als auch den sogenannten Treubruchtatbestand.
Eine Vermögensbetreuungspflicht ist eine Fürsorgepflicht für fremdes Vermögen.
Sie kann sich zum einen aus gesetzlichen Vorschriften ergeben. So sind Betreuer, Vormünder und Testamentsvollstrecker jeweils vermögensbetreuungspflichtig. Auch den Eltern obliegt bezüglich des Vermögens ihrer Kinder eine Vermögensbetreuungspflicht.
In den meisten Fällen aber wird die Vermögensbetreuungspflicht rechtsgeschäftlich begründet; durch Vertrag,
sei Arbeitsvertrag, Dienstleistungsvertrag, Bankvertrag etc.
Notwendig ist immer, dass die Pflicht, für das fremde Vermögen zu sorgen, nicht nur eine Nebenpflicht, sondern wesentlicher Inhalt des Rechtsverhältnisses darstellt. Dem Pflichtigen muss außerdem ein gewisser eigener Handlungsspielraum eingeräumt sein: Er muss über das fremde Vermögen mit einem gewissen Grad an Selbstständigkeit entscheiden können und darf nicht vollkommen fremden Weisungen unterstehen.
Vermögensbetreuungspflichtig ist beispielsweise ein Prokurist, ein eigenverantwortlich arbeitender Lohnbuchhalter oder ein Bankleiter gegenüber seinem Institut. Die Rechtsprechung erkennt aber auch eine Vermögensbetreuungspflicht des Vermieters bezüglich der vom Mieter hinterlegten Kaution.
Gemäß § 266 Absatz 1 StGB macht sich strafbar, wer die „ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht“ und dem anderen dadurch einen Vermögensnachteil zufügt. Die Befugnis, über das fremde Vermögen zu entscheiden, kann dem durch Gesetz oder durch Rechtsgeschäft eingeräumt worden sein. Strafbar macht sich, wer die Grenzen dieser Befugnis überschreitet und über das Vermögen in einer Art und Weise verfügt, die ihm vom Vermögensinhaber nicht gestattet wurde. Man spricht vom „Überschreiten des rechtlichen Dürfens im Rahmen des rechtlichen Könnens“.
Ein Beispiel: Der Prokurist ist gemäß § 49 HGB zu allen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Der Umfang der Prokura kann zwar dahingehend beschränkt werden, dass der Prokurist nur bestimmte Arten von Geschäften durchführen darf. Gemäß § 50 HGB ist diese Beschränkung aber Außenstehenden gegenüber unwirksam. Schließt der Prokurist ein ihm nicht gestattetes Geschäft ab, ist es wirksam, also „im Rahmen seines rechtlichen Könnens“ abgeschlossen. Er überschreitet damit aber im Innenverhältnis sein „rechtliches Dürfen“ und macht sich eventuell wegen Untreue strafbar.
Der Treubruchtatbestand ist weiter gefasst als der Missbrauchstatbestand. Hier kommt es nur darauf an, dass der Täter eine Vermögensbetreuungspflicht innehat, die er auf irgendeine Weise – durch rechtsgeschäftliches oder rein faktisches Handeln – verletzt und damit dem Vermögensinhaber einen Vermögensnachteil zufügt.
Für den besonders schweren Fall der Untreue verweist § 266 Absatz 2 StGB auf die Vorschrift des besonders schweren Falls des Betrugs.
Ein besonders schwerer Fall liegt also – wie auch ein besonders schwerer Fall des Betrugs – zum Beispiel regelmäßig dann vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, oder wenn er einen Vermögensverlust von großem Ausmaß herbeiführt.
Gewerbsmäßig handelt, wer plant, sich durch die fortgesetzte Begehung von Untreuetaten eine nicht ganz geringfügige und nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen. Ein Vermögensverlust von großem Ausmaß ist ab etwa 50.000 € anzunehmen.
Bei einer Verurteilung wegen Untreue sieht das Gesetz eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Wer wegen eines besonders schweren Falles der Untreue verurteilt wird, muss mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren rechnen.
Wird jemand wegen Untreue verurteilt, so kann das Gericht unter Umständen gemäß § 70 StGB eine Berufssperre anordnen, falls er die Tat unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat. Eine Sperre dauert ein bis fünf Jahre, kann jedoch bei schwerwiegenden Verstößen auch für immer angeordnet werden.
Wer wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verurteilt wurde, kann gemäß § 6 Absatz 3 GmbHG für eine Zeit von fünf Jahren ab Rechtskraft des Urteils kein Geschäftsführer einer GmbH sein.
Wegen der weitreichenden Konsequenzen, die eine Verurteilung wegen Untreue nach sich ziehen kann, ist es ratsam, möglichst früh einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, sobald gegen Sie wegen Untreue ermittelt wird. Wenden Sie sich an einen Strafverteidiger, der über die notwendigen Kenntnisse verfügt, um in den oft umfangreichen Verfahren den Überblick zu bewahren und Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker und Rechtsanwalt Patrick Welke haben sich beide ganz auf das Strafrecht spezialisiert. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker ist bereits seit 2007 Fachanwalt für Strafrecht; seit 2017 ist auch Rechtsanwalt Patrick Welke Fachanwalt für Strafrecht.
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