Jugendstrafsachen

Sonderstrafrecht für junge Täter

Das Jugendstrafrecht ist ein Sonderstrafrecht für junge Täter. Es berücksichtigt die Tatsache, dass sich junge Straftäter noch in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung befinden, und ist daher weitgehend vom Erziehungsgedanken geprägt. Daher unterscheidet sich das Jugendstrafrecht in vielen Punkten mehr oder weniger stark von dem auf Erwachsene anzuwendenden Strafrecht.

 

Für wen gilt das Jugendstrafrecht?

Begeht ein Jugendlicher eine Straftat, wird immer Jugendstrafrecht angewendet. Jugendlicher ist nach § 1 Abs. 2 JGG, wer zum Zeitpunkt der Tatbegehung schon vierzehn, aber noch keine achtzehn Jahre alt ist.

 

Unter bestimmten Voraussetzungen findet das Jugendstrafrecht außerdem bei Heranwachsenden Anwendung. Heranwachsender ist, wer bei Begehung der Tat bereits achtzehn, aber noch keine einundzwanzig Jahre alt ist. Wann die Voraussetzungen für die Anwendung des Jugendstrafrechts vorliegen, bestimmt § 105 JGG.

 

Jugendstrafrecht wird erstens dann angewendet, wenn die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des heranwachsenden Täters ergibt, dass er zur Tatzeit nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand. Dies wird nach einer Reihe unterschiedlicher Faktoren beurteilt. Als für den Entwicklungsstand eines Jugendlichen typisches Verhalten wird beispielsweise unüberlegtes und impulsives Handeln angesehen, oder der Drang dazu, anderen zu imponieren oder sie nachzuahmen. Außerdem kommt es darauf an, wie sozial gefestigt der Heranwachsende bereits ist.

 

Außerdem wird Jugendstrafrecht bei sogenannten Jugendverfehlungen angewendet. Nach der Rechtsprechung des BGH sind Jugendverfehlungen solche Taten, die schon nach dem äußeren Erscheinungsbild Merkmale jugendlicher Unreife aufweisen. Dies kann nach Art, Umständen und Beweggründen der Tat beurteilt werden. Es handelt sich dabei beispielsweise um Taten, die aus jugendlichem Leichtsinn oder aus Gruppenzwang heraus begangen wurden. 

 

In der Regel sind die Gerichte bei der Anwendung von Jugendstrafrecht großzügig. Meistens wird auch bei einem Heranwachsenden Jugendstrafrecht angewendet werden.

 

Welche Besonderheiten gibt es im Jugendstrafrecht?

Im Jugendstrafverfahren ist es erklärter Wille des Gesetzgebers, den jungen Täter eher zu erziehen als zu bestrafen. Zweck ist es, den Jugendlichen oder Heranwachsenden dazu zu bringen, künftig keine weiteren Straftaten mehr zu begehen. Dieser Erziehungsgedanke beeinflusst jedes Stadium des Verfahrens.

 

Beispielsweise ist gemäß § 38 JGG schon so früh wie möglich die Jugendgerichtshilfe zu beteiligen. Ihre Aufgabe ist es, die Persönlichkeit und die Entwicklung, aber auch das familiäre und soziale Umfeld des Beschuldigten zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten.

 

Darüber hinaus gibt es im Jugendstrafrecht in §§ 45, 47 JGG zusätzliche Möglichkeiten, das Verfahren noch vor der Hauptverhandlung einzustellen. Die Einstellung von Verfahren und der Verzicht auf eine Hauptverhandlung zu Gunsten von erzieherischen Maßnahmen wie gemeinnütziger Arbeit nennt sich Diversion. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen solche Maßnahmen immer Vorrang vor dem förmlichen Verfahren genießen – einerseits, um das Verfahren schnell zu Ende zu bringen, was den Erziehungseffekt verstärken soll, andererseits aber auch, um dem jungen Täter die unangenehme, stigmatisierende Erfahrung einer Hauptverhandlung zu ersparen.

 

Für die Verfahren gegen Jugendliche existieren besondere Jugendgerichte. Beim Amtsgericht entscheidet der Jugendrichter oder das Jugendschöffengericht, beim Landgericht die Jugendkammern. Die Verhandlungen gegen einen Jugendlichen sind gemäß § 48 JGG zum Schutz der Privatsphäre und zur Verstärkung des erzieherischen Effekts nicht öffentlich.

 

Welche Sanktionen gibt es im Jugendstrafrecht?

Während im Erwachsenenstrafrecht als Hauptstrafen nur Geld- und Freiheitsstrafen zur Verfügung stehen, verfügt das Jugendstrafrecht über eine größere Bandbreite an Sanktionen. Dies dient dazu, möglichst genau auf die Individualität und die Persönlichkeit des jungen Täters eingehen zu können.

 

1. Erziehungsmaßregeln

Erziehungsmaßregeln sind insbesondere Weisungen, die vom Gericht an den Jugendlichen erteilt werden. Beliebte Weisungen sind solche, die den Jugendlichen zur Aufnahme einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anweisen, ihn zu Arbeitsleistungen verpflichten oder Weisungen, die sich auf seinen Aufenthaltsort beziehen. Bei Nichtbefolgung dieser Weisungen erlaubt § 11 Abs. 3 JGG die Anordnung von Ungehorsamsarrest. 

 

2. Zuchtmittel

Genügen Erziehungsmaßregeln nicht, um auf den Jugendlichen in gewünschter Weise einzuwirken, stehen verschiedene Zuchtmittel zur Verfügung. Möglich ist die Aussprache einer Verwarnung, die sich darauf beschränkt, dem Jugendlichen das Unrecht seiner Tat deutlich vor Augen zu führen.

 

Eher kommt es aber zur Erteilung von Auflagen, die in § 15 JGG geregelt sind. Dem Jugendlichen kann auferlegt werden, sich beim Verletzten zu entschuldigen, Arbeitsleistungen zu erbringen, sich um Schadenswiedergutmachung zu bemühen oder einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen.

 

Das Gericht kann als Zuchtmittel auch Arrest anordnen. Hier wird zwischen Freizeitarrest, Kurzarrest und Dauerarrest unterschieden. Für den Vollzug des Arrests gibt es spezielle Jugendarrestanstalten. Der Arrest dauert höchstens vier Wochen.

 

3. Jugendstrafe

Die Jugendstrafe ist die härteste Sanktion des Jugendstrafrechts. Zu ihrem Vollzug stehen besondere Justizvollzugsanstalten für Jugendliche zur Verfügung, zum Beispiel die JVA Adelsheim. Die Jugendstrafe ist im Jugendstrafrecht ultima ratio, das bedeutet, wenn alle anderen Sanktionsmaßnahmen nicht ausreichen. Dies kommt vor allem bei besonders schweren Straftaten in Betracht, oder, weil in der Tat schädliche Neigungen des Jugendlichen sichtbar wurden.

 

Rechtsanwalt für Jugendstrafrecht in Mannheim

Gerade im Jugendstrafverfahren ist es sinnvoll, möglichst früh einen Strafverteidiger zu Rate zu ziehen, damit die vielfältigen Möglichkeiten zur Einstellung des Verfahrens ausgeschöpft werden können. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker und Rechtsanwalt Patrick Welke sind beide ganz auf das Strafrecht spezialisiert. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker ist bereits seit 2007 Fachanwalt für Strafrecht und hat bereits über 1000 Mandate selbstständig bearbeitet, darunter auch viele Jugendstrafsachen. Rechtsanwalt Patrick Welke gelingt es aufgrund seines Alters besonders gut, die Bedürfnisse und Probleme junger Menschen nachzuvollziehen und sich in sie hineinzuversetzen. Seit 2017 ist auch er Fachanwalt für Strafrecht.

 

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