Gemäß § 266a StGB macht sich ein Arbeitgeber strafbar, wenn er der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung vorenthält. Die Vorschrift dient dem Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherung. Bei einer Verurteilung droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
§ 266a StGB ist ein sogenanntes Sonderdelikt. Täter kann nur sein, wer auch Arbeitgeber ist. Ob eine Person Arbeitgeber ist oder nicht, wird allerdings anhand der tatsächlichen Verhältnisse und nicht nur aufgrund seiner Stellung „auf dem Papier“ beurteilt.
Ist eine juristische Person, beispielsweise eine GmbH, der Arbeitgeber, haften gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB auch die Organe, Mitglieder eines Organs und vertretungsberechtigte Gesellschafter.
Bei einer GmbH kommt es häufig vor, dass die Geschäftsführung tatsächlich von einer anderen Person wahrgenommen wird als von demjenigen, der im Handelsregister eingetragen wird. Hintergrund hierfür ist oft eine gegen den tatsächlichen Geschäftsführer verhängte Geschäftsführersperre (§ 6 GmbHG), die ihm verbieten, sich in das Handelsregister einzutragen zu lassen.
Ein faktischer Geschäftsführer ist für die kaufmännischen Angelegenheiten der GmbH strafrechtlich verantwortlich, sofern er sie selbst erledigt hat. Wenn er die Aufgaben eines Arbeitgebers faktisch übernimmt, kann er sich daher auch gem. § 266a StGB strafbar machen.
Auch in Fällen der Scheinselbstständigkeit kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf die vertragliche Bezeichnung an. Wird eine Person auf dem Papier als Selbstständiger, beispielsweise als Subunternehmer, beauftragt, ist er aber tatsächlich wie ein Arbeitnehmer tätig, kann der Auftraggeber sich gemäß § 266a StGB strafbar machen. Ob eine Person Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist, wird anhand verschiedener Kriterien beurteilt. Gegen eine Selbstständigkeit spricht z.B. eine Abhängigkeit von Weisungen des Auftraggebers, die Vereinbarung eines Stundenlohns oder mangelndes eigenes unternehmerisches Risiko.
Zum Verdacht von Scheinselbstständigkeiten kommt es oft im Rahmen von Zollkontrollen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung. Häufig werden die vor Ort angetroffenen Beschäftigten vorschnell als Arbeitnehmer eingeordnet, ohne dass die Sachlage vorher genau erforscht wird. Ein Strafverteidiger kann dabei helfen, im Nachhinein die tatsächliche Sachlage vor den Ermittlungsbehörden zu erörtern und dabei die relevanten Tatsachen herauszuarbeiten. Häufig lässt sich eine Selbstständigkeit nachträglich noch belegen.
Um sich gemäß § 266a StGB strafbar zu machen, muss der Arbeitgeber aufgrund eines materiellen Sozialversicherungsverhältnisses zur Zahlung der Beiträge verpflichtet sein. Ein solches entsteht mit der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit, also insbesondere durch die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses. Ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis auch ordnungsgemäß bei der Einzugsquelle angemeldet hat, spielt für § 266a StGB keine Rolle, da das Sozialversicherungsverhältnis automatisch bei der Tätigkeitsaufnahme und nicht erst durch die Anmeldung entsteht.
Die Beitragspflicht umfasst grundsätzlich die Beiträge für Krankenversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Ausnahmeregelungen bestehen vor allem für geringfügig Beschäftigte und selbstständig Erwerbstätige.
Die Höhe der zu zahlenden Beiträge bestimmt sich nach dem entsprechenden Sozialversicherungsrecht. Bei einer Verurteilung wegen § 266a StGB muss das Gericht in den Urteilsgründen nicht nur die Höhe der Beitragssätze angeben, sondern auch die Anzahl der Beschäftigten, deren Beschäftigungszeiten und das an sie zu zahlende Entgelt. Das Urteil ist ansonsten rechtsfehlerhaft, was die Chance auf Einlegung von Rechtsmitteln bietet.
In § 266a Absatz 4 StGB ist normiert, unter welchen Umständen in der Regel ein besonders schwerer Fall des Veruntreuens von Arbeitsentgelt vorliegt, wodurch sich das zu erwartende Strafmaß auf sechs Monate bis zehn Jahre Freiheitsstrafe erhöht.
Ein besonders schwerer Fall liegt beispielsweise in der Regel vor, wenn der Arbeitgeber zum fortgesetzten Vorenthalten der Beiträge gefälschte Belege vorlegt, wenn er sich von einem Amtsträger bei der Tatbegehung helfen lässt oder wenn er aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält. Ein großes Ausmaß ist ab etwa 50.000 € erreicht.
§ 266a Absatz 6 StGB bietet dem Arbeitgeber die Möglichkeit einer Selbstanzeige, um straflos zu bleiben. Er muss hierzu der zuständigen Einzugsstelle schriftlich die Art und Höhe der Beiträge mitteilen und einen triftigen Grund darlegen, aus dem er sie nicht fristgerecht zahlen kann. Diese Mitteilung muss spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich – also ohne schuldhaftes Zögern – danach erfolgen.
Das Gericht kann in diesem Fall von der Strafe absehen; die Entscheidung darüber steht aber in seinem Ermessen. Werden die Beiträge allerdings nachträglich bezahlt, ist ein Absehen von Strafe sogar obligatorisch.
Der Vorwurf des Veruntreuens von Arbeitsentgelt lässt sich häufig durch eine passende Argumentation – sei es gegen die Annahme einer Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberstellung oder die Begründung der momentanen Zahlungsunfähigkeit bei der Selbstanzeige – entkräften. Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker und Rechtsanwalt Patrick Welke können Ihnen helfen, gegenüber Ermittlungsbehörden und dem Gericht die richtigen Argumente zu finden. Sowohl Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker als auch Rechtsanwalt Patrick Welke haben sich ganz auf das Strafrecht spezialisiert. Beide sind Fachanwälte für Strafrecht. Sie übernehmen Ihre Strafverteidigung im Falle des Vorwurfs des § 266a StGB sowie in anderen Bereichen des Wirtschaftsstrafrechts.
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