§ 29a BtMG

Verbrechenstatbestand des § 29a BtMG

Im Vergleich zu § 29 BtMG fällt bei einem Blick auf die Vorschrift des § 29a BtMG sogleich das hohe Strafmaß auf, das dort vorgesehen ist. Dadurch, dass die Mindeststrafe auf ein Jahr Freiheitsstrafe festgelegt ist, ist eine Tat nach § 29a BtMG ein Verbrechen, was unter anderem zur Folge hat, dass eine Einstellung wegen Geringfügigkeit oder gegen Auflagen nach § 153 StPO bzw. § 153a StPO nicht mehr möglich und dass der Versuch einer solchen Tat stets strafbar ist. Der Gesetzgeber wollte mit der Schaffung dieses Verbrechenstatbestands Verhaltensweisen unter Strafe stellen, die er als besonders gefährlich und sozialschädlich ansah – die Abgabe von Drogen an Minderjährige und den Umgang mit einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln.

 

Pflichtverteidigung bei § 29a BtMG

Wird dem Beschuldigten ein Verbrechen vorgeworfen, liegt gemäß § 140 StPO ein Fall der notwendigen Verteidigung vor. Das bedeutet, dass ihm für das Verfahren vor Gericht ein Pflichtverteidiger bestellt werden muss. Wird Ihnen vorgeworfen, ein Verbrechen nach § 29a BtMG begangen zu haben, können Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker oder Rechtsanwalt Patrick Welke Ihre Pflichtverteidigung übernehmen. Lesen Sie hier mehr darüber.

 

Abgabe von Betäubungsmitteln von Erwachsenen an Minderjährige

§ 29 a I Nr. 1 BtMG stellt die Abgabe, das Verabreichen oder die Überlassung von Drogen von Erwachsenen an Minderjährige unter Strafe. Die Vorschrift dient dem Jugendschutz und soll verhindern, dass Jugendliche als Konsumenten oder Händler mit Drogen in Berührung kommen.

Um sich gemäß § 29a I Nr. 1 BtMG strafbar zu machen, genügt schon die Abgabe einer geringen Menge an einen Jugendlichen. Um welche Droge es sich handelt, spielt dabei keine Rolle, und es ist auch irrelevant, ob die Übergabe entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt. Es ist also schon ausreichend, einem Jugendlichen eine kleine Menge Cannabis zu übergeben.

 

Altersbegrenzungen bei § 29a I Nr. 1 BtMG

Den Tatbestand des § 29a I Nr. 1 BtMG kann nur erfüllen, wer selbst über 21 Jahre alt ist und Drogen an eine Person unter 18 Jahren abgibt. Die erhöhte Strafandrohung gilt also für Jugendliche und Heranwachsende nicht. Es bleibt bei einer Strafbarkeit nach § 29 BtMG, wo die Abgabe an Minderjährige allerdings strafschärfend berücksichtigt werden kann.

 

Unwissentliche Abgabe an Minderjährige

Der Täter muss, um sich nach § 29a I Nr. 1 BtMG strafbar zu machen, wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass derjenige, an den er Drogen abgibt, minderjährig ist. Bei der unwissentlichen Abgabe an Minderjährige gilt Folgendes: Es reicht bereits aus, dass der Täter erkannte, dass sein Gegenüber minderjährig sein könnt1e und dies billigend in Kauf genommen hat. Ob der Täter die Minderjährigkeit bemerkt haben soll, wird nach einer Reihe von Faktoren beurteilt, bei denen vor allem das äußere Erscheinungsbild, die Statur und das Verhalten des Jugendlichen eine Rolle spielen. Es ist also nicht hilfreich, zu behaupten, man hätte sich über das Alter des Gegenübers keine Gedanken gemacht. Das Gericht geht dann regelmäßig davon aus, man hätte die Minderjährigkeit billigend in Kauf genommen.

 

Sind Täter und Minderjähriger einander bekannt, war der Täter also etwa Gast auf der letzten Geburtstagsfeier des Minderjährigen, weiß er, welche Schule und Klassenstufe er besucht, oder ist er gar nachweislich mit ihm befreundet, geht das Gericht grundsätzlich davon aus, dass der Täter über das Alter des anderen Bescheid weiß.

 

Strafandrohung bei Abgabe von Drogen an Minderjährige

Das Gesetz sieht im Fall des § 29a I Nr. 1 BtMG eine Mindeststrafe von einem Jahr vor, in minder schweren Fällen eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ob ein minder schwerer Fall vorliegt, muss je nach Einzelfall entschieden werden. Er kommt zum Beispiel in Frage, wenn eine verhältnismäßig geringe Menge Cannabis an einen Jugendlichen abgegeben wird, der bereits Erfahrungen in der „Szene“ gemacht hat.

 

Dagegen wird die Strafandrohung noch einmal erheblich erhöht, wenn die Abgabe an Minderjährige gewerbsmäßig betrieben wird, das heißt, wenn der Täter sich eine fortlaufende Einnahmequelle dadurch verschaffen will, dass er Drogen an Minderjährige gibt. In diesem Fall beträgt die Mindeststrafe gemäß § 30 I Nr. 2 BtMG zwei Jahre.

 

Handeltreiben mit, Herstellung, Abgabe und Besitz von Drogen in nicht geringer Menge

§ 29a I Nr. 2 BtMG stellt das Handeltreiben mit, die Herstellung, die Abgabe und den Besitz von Drogen in nicht geringer Menge unter Strafe. Beim Vorliegen einer größeren Menge an Betäubungsmitteln sieht der Gesetzgeber grundsätzlich die abstrakte Gefahr, dass die Drogen an Dritte weitergegeben und dadurch weiter verbreitet werden. Um dies zu verhindern, wurde der Umgang mit einer nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln unter erhöhte Strafe gestellt.

 

Was eine nicht geringe Menge ist, ist dabei je nach Art des Betäubungsmittels unterschiedlich. Sie finden hier eine Liste der Grenzwerte der "gängigsten" Drogen.

 

Irrtum über die „nicht geringe Menge“

Beim Irrtum über die nicht geringe Menge an Drogen gibt es drei denkbare Konstellationen:

  1. Voraussetzung ist stets, dass der Täter bezüglich der nicht geringen Menge Vorsatz hat. Das heißt, er muss wissen, dass er eine nicht geringe Menge erwirbt, und dies auch wollen. Kauft ein Täter also unwissentlich hochwertige Ware, deren Wirkstoffgehalt die Grenze der nicht geringen Menge überschreitet, und geht selbst davon aus, minderwertige Ware (unterhalb der Grenze) erworben zu haben,  macht er sich nicht gemäß § 29a I Nr. 2 BtMG strafbar.
  2. Im umgekehrten Fall, wenn der Täter also davon ausgeht, hochwertige Qualität zu besitzen, und es sich tatsächlich um schlechte Qualität handelt, kommt eine Strafbarkeit wegen Versuchs des § 29a I Nr. 1 BtMG in Betracht.
  3. Irrt sich der Täter darüber, wie hoch die von der Rechtsprechung festgesetzte Grenze der „nicht geringen Menge“ liegt, meint er also beispielsweise, 9 Gramm THC wären noch eine nicht geringe Menge, obwohl die Grenze bei 7,5 Gramm liegt, ist dies rechtlich unbeachtlich. (sogenannter Subsumtionsirrtum): Der Täter weiß, dass er etwas Verbotenes tut, und legt nur das Tatbestandsmerkmal der „nicht geringen Menge“ falsch aus.

Je nachdem, wie der Irrtum gedeutet wird, kommen die Ermittlungsbehörden also zu unterschiedlichen Ergebnissen. Es empfiehlt sich daher, vor einer Aussage bei der Polizei den Sachverhalt mit einem Rechtsanwalt zu besprechen.

 

Strafverteidigung Mannheim

Sollte Ihnen vorgeworfen werden, eine Tat nach § 29a BtMG begangen zu haben, ist aufgrund der hohen Strafandrohung immer dazu zu raten, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Dieser beantragt für Sie Akteneinsicht und bespricht mit Ihnen das weitere Vorgehen. In Mannheim können Rechtsanwalt Dr. Jörg Becker oder Rechtsanwalt Patrick Welke Ihre Strafverteidigung übernehmen. Für beide stellt das Betäubungsmittelstrafrecht einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit dar. Um einen Besprechungstermin zu vereinbaren, können Sie uns unter

 

0621 / 44 581 112

 

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