In § 31 BtMG hält das Betäubungsmittelstrafrecht eine „Kronzeugenregelung“ bereit, die es dem Gericht erlaubt, die Strafe zu mildern oder ganz von Strafe abzusehen, wenn der Täter freiwillig zu der Aufklärung weiterer Drogendelikte beigetragen hat. Das kann beispielsweise durch die Nennung von Mittätern oder Auftraggebern, Hintermännern, Ver- oder Ankäufern geschehen, oder indem man den Fundort eines Drogen-Depots aufdeckt. Soweit man von Polizei oder Staatsanwaltschaft als Beschuldigter vernommen wird, wird man auf die Möglichkeit des § 31 BtMG regelmäßig hingewiesen werden. Hier ist Vorsicht geboten, denn eine vorschnelle Aussage schadet nach unserer Erfahrung meist mehr, als sie nützt.
"§ 31 BtMG Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
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Der Täter muss freiwillig gegenüber den Ermittlungsbehörden Wissen offenbaren, dass dazu führt, dass bereits begangene Betäubungsmittelstraftaten aufgedeckt oder noch nicht begangene, besonders schwere Betäubungsmittelstraftaten verhindert werden. Diese Taten müssen mit der von ihm begangenen Tat im Zusammenhang stehen, das heißt, sie müssen Teil des selben kriminellen Gesamtgeschehens sein und nicht etwa einem völlig anderen Sachverhalt entstammen. Außerdem muss der Aufklärungsbeitrag des Täters wesentlich sein: Es ist nötig, dass die anderen Taten ohne seine Aussage nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden könnten.
Die Anwendung des § 31 BtMG kann zur Folge haben, dass die zu verhängende Strafe gemildert wird, oder dass in den Fällen der 29a – 30a BtMG ein minder schwerer Fall bejaht wird. Steht eine Straftat nach § 29 BtMG im Raum, kann § 31 BtMG dazu führen, dass das Vorliegen eines besonders schweren Falles verneint wird. Ein gänzliches Absehen von Strafe ist möglich, wenn im Einzelfall ohne die Anwendung des § 31 BtMG eine Strafe von weniger als drei Jahren Freiheitsstrafe zu verhängen gewesen wäre.
Es ist ein Irrglaube, anzunehmen, dass man grundsätzlich mit einer milden oder gar ohne Strafe davonkäme, wenn nur die Voraussetzungen des § 31 BtMG vorliegen würden. Ob § 31 BtMG angewendet wird und wie die Strafe letztlich ausfällt, steht allein im Ermessen des Gerichts. Dieses entscheidet je nach den Umständen des Einzelfalls, nach Art, Umfang und Bedeutung des Aufklärungsbeitrags und der Schwere der jeweiligen Taten. Polizei und Staatsanwaltschaft haben auf diese Entscheidung keinen Einfluss.
Ausschlaggebend dafür, ob § 31 BtMG angewendet werden kann, ist, ob der Beitrag des Täters tatsächlich zur Aufklärung einer weiteren Straftat führt oder mit Hilfe seiner Aussage die Begehung künftiger Taten tatsächlich verhindert werden kann. Das reine Bemühen des Täters, und wenn es auch nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt, ist für sich allein kein Strafmilderungsgrund. Wird letztlich keine weitere Tat aufgeklärt oder verhindert, ist auch unerheblich, worauf dieses Scheitern zurückzuführen ist – ob auf die Wertlosigkeit der gelieferten Informationen oder auf das Unvermögen der Ermittlungsbehörden. Das erfolglose Bemühen, weitere Taten aufzuklären, kann im Urteil nur allgemein strafmildernd berücksichtigt werden.
Werden Sie als Beschuldigter vernommen und berichten den Ermittlungsbehörden in der Hoffnung, durch § 31 BtMG mit einer milden Strafe davonzukommen, über weitere Drogendelikte, an denen Sie beteiligt waren, müssen Sie bedenken, dass die Staatsanwaltschaft auch diese Delikte strafrechtlich verfolgen wird. Aus einer Straftat, für die Sie vor allem als Ersttäter möglicherweise nur mit einer geringen Strafe hätten rechnen müssen, werden mehrere. Selbst wenn § 31 BtMG später tatsächlich vom Gericht angewendet wird, hat sich die Strafsenkung oft schon durch die erhöhte Anzahl der Delikte relativiert.
Die Ermittlungsbehörden werden vom Täter erwarten, dass er die Namen seiner An- und Verkäufer und Komplizen nennt und ausführliche Informationen über sie preisgibt. Die Betroffenen werden darüber im Regelfall nicht unbedingt erfreut sein. Brenzlig kann dies für den Täter unter anderem dann werden, wenn Komplizen und Hintermänner selbst von Polizei und Staatsanwaltschaft befragt werden und ebenfalls in der Hoffnung auf eine Strafmilderung über weitere Delikte aussagen. Der Name des Täters, der sie „verraten“ hat, wird der erste sein, der ihnen einfällt – zusammen mit jeglichen Drogendelikten, an denen er ihres Wissens nach je beteiligt war und die ansonsten möglicherweise nie zur Kenntnis der Ermittlungsbehörden gelangt wären.
In der Regel raten wir zunächst: Schweigen. Kein Wort ohen Rechtsanwalt Es gibt trotz allem - einige wenige - Fälle, in denen § 31 BtMG nach Prpfung Ihres Falles der beste Weg ist. Die Entscheidung darüber bedarf allerdings einer umfassenden Würdigung des jeweiligen Falls und sollte nicht vorschnell getroffen werden. Werden Sie als Beschuldigter von den Ermittlungsbehörden befragt, weil Sie beispielsweise mit Drogen erwischt wurden, gilt: Sagen Sie zunächst nichts. Sie verlieren die Möglichkeit, später noch zur Anwendung des § 31 BtMG zu gelangen, nicht, wenn Sie in der ersten Vernehmung von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen. Konsultieren Sie einen Rechtsanwalt, der Einsicht in Ihre Akten nimmt und anschließend gemeinsam mit Ihnen entscheidet, ob eine Aufklärungshilfe in Ihrem Fall sinnvoll ist oder eher schadet.
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